Eine gedeckte Tafel im Garten

Kennen.Lernen gegen Vorurteile

Da stehen Sie nun und schnippeln Tomaten, Gurken und Zwiebeln. Petersilie und Minze werden fein gehackt. Etwas weiter am Tisch unten werden Süßkartoffeln gewürfelt. Heute Abend gibt es Tabouleh, Süßkartoffelcurry und Apfelkuchen. Feine Gesprächsfäden ziehen sich über die lange Tafel. Gibst du mir das scharfe Messer? Wer kümmert sich um den Couscous? Was kann man am Wochenende hier unternehmen – ich bin vor zwei Wochen hierhergezogen? Am Herd erklärt eine Frau ein paar umstehenden, worauf es ankommt beim Zwiebel braten, damit die Süße rauskommt: Zeit, Wärme und ein bisschen Zucker.

Kochen mit Nachbar*innen

So oder so ähnlich finden in vielen Stadtteilen und Dörfern Kochabende statt. Am „Bunten Limestisch“ in Schwalbach kommt ein Stadtteil zusammen. Alteingesessene und Neuzugezogene, Junge und Alte, unterschiedliche Sprachen und Ansichten kommen zusammen zum Kochen, Essen und die Menschen aus der Nachbarschaft Kennenlernen. In Wolfsburg wird in Zweierteams gekocht. Hier werden Menschen zusammengebracht, die im Alltag wenig miteinander zu tun hätten. Besucher*innen der Armutshilfe werden gepaart mit einer Geschäftsführerin oder dem Kuratoriumsmitglied. Erstere bringen die Rezepte aus ihrem Leben mit und erzählen ihre persönliche Geschichte mit dem Gericht. Wo sonst nur kurze, gehetzte Begegnungen auf der Straße stattfinden ist jetzt Raum und Zeit.

Miteinander in Kontakt kommen

Wir begegnen in unserem Alltag oft nur Menschen mit ähnlichen Lebensläufen, Berufsfeldern und Ansichten – neben der eigenen Familie ein paar Kolleginnen und ausgewählten Freunden. Doch wer sind die Menschen in dem Wohnblock gegenüber und was ist die Leidenschaft des Supermarktverkäufers? Wie ist es tausende Kilometer von der Familie getrennt zu sein und warum kann sie nicht einfach nachkommen? Wenn wir uns kennenlernen, werden auf einmal große politische Themen mit persönlichen Geschichten und Gesichtern verknüpft. Wir sehen nicht nur eine einfache Arbeitskraft, die unsere Lebensmittel über den Scanner zieht, sondern einen Künstler. Nicht mehr einen von tausenden geflüchteten Menschen, sondern eine junge Frau, die gerne Fußball spielt und gerade eine Jazzgruppe gründen will. So werden aus Nachbar*innen Bekannte.

Kennenlernen gegen Vorurteile

Das Kernelement, damit all das möglich ist, ist das Kennen.Lernen. Nur durch Begegnungen können wir die andere Person wirklich als Individuum und nicht Teil einer homogenen Gruppe sehen. Die Kontakthypothese, die Allport Mitte der 1950er Jahre entwickelt hat, bestätigt dies. Sie besagt, dass Vorurteile von einer Gruppe gegenüber einer anderen verringert werden, wenn Kontakt zu einer oder mehreren Personen der anderen Gruppe entstehen. Vor allem Situationen, in denen gemeinschaftlich ein Ziel verfolgt wird, bauen negative Vorurteile schnell ab. Spätere Studien haben diese Theorie belegt.

 

Diakonie macht Begegnungsprojekte sichtbar

Überall in Deutschland gibt es zahlreiche kleine und größere Projekte, die Räume für ein Kennenlernen schaffen. Die Ideen sind oft simpel und doch effektiv. Es braucht gemeinsame Räume, in denen Menschen zusammenkommen können mit einem gemeinsamen Ziel, einer Aufgabe, die sie gemeinsam angehen können. Der Zugang spielt dabei keine Rolle – kulinarisch beim Kochen oder beim Gärtnern im Aller-Welts-Garten, in dem sich die ganze Nachbarschaft trifft und pflanzt, erntet und Feste feiert. Die Diakonie Deutschland möchte all diese tollen Projekte zeigen. Auf der Online-Plattform Kennen. Lernen.  werden Projekte, die für ein gegenseitiges Kennenlernen stehen, gebündelt und vernetzt. Denn das beste Mittel gegen Vorurteile ist immer noch echte Begegnung.