Vertrauen ist gut … für den Zusammenhalt
Die liberale Demokratie steht unter Druck. Das Vertrauen in die Politik schwindet. Was bedeutet das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Welche Bürgerinnen und Bürger haben wenig Vertrauen in Parteien? Und wie lässt sich das Vertrauen zurückgewinnen? Diese Fragen haben wir in einer neuen Studie untersucht und auf einem Podium mit jungen Politikern diskutiert.
Ein neuer Politikstil ist nötig
„Wenn die Politik Vertrauen wiedergewinnen möchte, braucht sie Fantasie, Hoffnung und Mut“. Das hat Marian Schreier gesagt, als er am 17. Januar auf unserem Podium im Progressiven Zentrum in Berlin saß. Schreier weiß, wovon er spricht. Seit 3 Jahren ist er Bürgermeister der baden-württembergischen Stadt Tengen. Bei seiner Wahl war er mit 25 Jahren der jüngste Bürgermeister Deutschlands und er weiß, wie man Menschen für Politik begeistert. Mit uns auf dem Podium waren zwei weitere junge Politikerinnen: Ria Schröder, die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen und Emily Büning von den Grünen. Auch sie stehen für einen neuen Politikstil und machen Mut für die Zukunft.
Schwindendes Vertrauen in Politik und Parteien
Anlass für die Diskussion, die von Sophie Pornschlegel moderiert wurde, war eine Studie, die ich betreut habe. Hierbei ging es um die Frage, ob das schwindende Vertrauen in Politik und Parteien für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährlich werden kann. Dies wurde in zwei Teilstudien erforscht, für die jeweils ein anderes Forscherteam verantwortlich war. Tom Mannewitz von der TU Chemnitz und Erik Vollmann von der Uni Erlangen haben untersucht, wie es im Augenblick um die politische Kultur in Deutschland steht und welche regionalen Unterschiede es gibt. Rainer Faus und Simons Storks von der Beratungsagentur pollytix haben analysiert, welche Personengruppen besonders geringes Vertrauen in Parteien haben.
Die Mehrheit der Deutschen steht zur Demokratie – aber es werden weniger
In unserer Studie haben wir aber beispielsweise gefragt, ob die Menschen in Deutschland die Demokratie für die beste Staatsform halten oder ob sie damit zufrieden sind, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert. Die Demokraten sind in der Mehrheit, aber in letzter Zeit werden es eher weniger als mehr. 69 Prozent waren im Sommer 2018 etwa der Meinung, dass die Demokratie tatsächlich die beste Staatsform sei. Das sind aber 7 Prozentpunkte weniger als noch im Frühjahr 2017. Und bei der Frage nach der Zufriedenheit ist der Anteil ebenfalls geschrumpft.
Den Parteien vertrauen die wenigsten
Seit Langem schon genießen Parteien das geringste Vertrauen von allen politischen Institutionen (dazu gehören z.B. auch Parlamente, Regierungen, aber auch die Polizei oder die Gerichte). Gerade einmal jeder 10. Befragte gibt in unserer Studie an, Parteien überhaupt noch zu vertrauen. Viele Menschen sagen, dass sie verunsichert sind oder dass sie die Lebensumstände in Deutschland als ungerecht empfinden. Gerade diese Personengruppen vertrauen den Parteien am wenigsten.
Vertrauen zurückgewinnen, aber wie?
Jeder kennt das: ganz schnell verliert man das Vertrauen in eine Person. Ein falsches Wort, eine falsche Handlung und schon ist das Verhältnis gestört. Dagegen dauert es meist lange und kostet viele Mühen, um Vertrauen zurückzugewinnen. Damit wären wir wieder bei den jungen Politikern auf dem Podium. Sie haben in der Diskussion viele Ideen genannt, wie es den Parteien und der Politik gelingen kann, in Zukunft Vertrauen zurückzuerlangen. Fantasie, Hoffnung und Mut hat Marian Schreier gefordert und damit eine wichtige Haltung angesprochen, die Politiker wieder häufiger zeigen sollten. Mit Emily Büning und Ria Schröder war er sich einig, dass die Politik aber auch eine neue Sprache finden muss, mit der sie klar und verständlich ihr eigenes Handeln erklärt. Die Politik muss ebenfalls mehr Raum für Beteiligung und Engagement schaffen.
Visionen für die Zukunft und keine Sehnsucht nach der Vergangenheit
Das große Empfinden von Ungerechtigkeit war ein weiteres Ergebnis unserer Studie. Eine Politik, der es nicht gelingt, für Gerechtigkeit zu sorgen, gefährdet die Legitimation der Demokratie. Es gibt politische Kräfte, die am liebsten den Lauf der Geschichte zurückdrehen und sich hinter Mauern verstecken wollen. Aber Unsicherheit bekämpft man nicht, indem man die Sehnsucht nach einer vermeintlich stabileren Vergangenheit pflegt, sondern indem man Hoffnung auf eine bessere Zukunft weckt. Diejenigen, die dieses Land führen und politisch gestalten, sind gefordert, hierbei mit gutem Beispiel voranzugehen. Drei gute Beispiele dafür waren auf dem Podium vertreten: Ria Schröder, Emily Büning und Marian Schreier.
Hier gibt es die Studie zum Download.
Hier der Veranstaltungsbericht des Progressiven Zentrums.