Warum mehr gesellschaftliche Konflikte ein positives Zeichen sind

Passend zum diesjährigen Thema Gemeinsam Zusammenhalt gestalten beteiligte sich die Allianz für gesellschaftlichen Zusammenhalt am Digitalen Deutschen Stiftungstag 2021 mit einer Veranstaltung zu Zugehörigkeit und Zusammenhalt in der Migrationsgesellschaft. 

Nachdem der Deutsche Stiftungstag pandemiebedingt 2020 ausfallen musste, fand der größte Stiftungskongress Europas dieses Jahr erstmalig rein digital statt und streckte sein breitgefächertes Programm über die gesamte Woche vom 7. bis 11. Juni. Zahlreiche Veranstaltungen standen im Zeichen des diesjährigen Schwerpunktthemas Gemeinsam Zusammenhalt gestalten. Neben den inhaltlichen Veranstaltungen boten die Organisatoren auf der Kongress-Plattform mit verschiedenen digitalen Vernetzungsmöglichkeiten auch im digitalen Raum Chancen zur Kontaktaufnahme und zum Austausch.  

Auch die Allianz für gesellschaftlichen Zusammenhalt beteiligte sich mit einem Beitrag: Am ersten Kongresstag gestaltete sie eine Session unter dem Titel „Zugehörigkeit und Zusammenhalt in der postmigrantischen Gesellschaft“. Die Allianz für gesellschaftlichen Zusammenhalt ist ein Stiftungsnetzwerk aus 13 deutschen Stiftungen, die sich jeweils für ein positives Miteinander, Vertrauen ineinander und zivilgesellschaftliches Engagement einsetzen. Gemeinsam wollen sie mithilfe des Stiftungsnetzwerks neue Räume für Dialog und Austausch schaffen, neue Kooperationen ermöglichen und innovative Ideen voranbringen.  

Teilhabe und Zugehörigkeit als zentrale Themen unserer Zeit

Ein Thema, das viele Allianz-Stiftungen in ihrer Arbeit beschäftigt, ist, wie Menschen in einer vielfältigen Gesellschaft gut gemeinsam leben können, wie Integration gelingen und der Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft gestärkt werden kann. In der Migrationsgesellschaft müssen Fragen der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe immer wieder neu austariert und Zugehörigkeiten neu diskutiert werden. Dabei entsteht neues Konfliktpotenzial, dem die Allianz-Stiftungen begegnen möchten. Gleichzeitig suchen sie Wege, um die Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen positiv zu unterstützen. Für das Stiftungsnetzwerk geht es hierbei insbesondere auch um die Frage, was die Zivilgesellschaft und besonders Stiftungen tun können, um auf diesem Feld substanzielle Fortschritte zu erzielen. 

Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani, Soziologe und Inhaber des Lehrstuhls für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück, gilt als Experte auf dem Gebiet der Integration und Identitätspolitik und hat mit seinem Werk ‚Das Integrationsparadox‘ einen wichtigen Debattenbeitrag geleistet. In unserer gemeinsamen Veranstaltung auf dem Stiftungstag sprach er mit der Journalistin und Moderatorin Shelly Kupferberg über gewachsene Teilhabechancen und das Gefühl, gesellschaftlich abgehängt zu sein in unserer modernen, vielfältigen Gesellschaft. 

Mehr Konflikte durch mehr Teilhabe und gelebte Vielfalt

„Heute haben die Meisten so viele Chancen wie noch nie und deshalb haben wir auch so viele Konflikte wie noch nie“, sagte Aladin El-Mafaalani. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft habe lange Zeit auf der Unterdrückung von verschiedenen Bevölkerungsgruppen gefußt. Durch mehr Teilhabe und das Einfordern von Veränderungen seien neue gesellschaftliche Dynamiken und Konflikte entstanden, die wir derzeit erleben. „Die Konflikte haben wir uns verdient“, hielt Aladin El-Mafaalani fest, durch die Öffnung der Gesellschaft, gelebte Teilhabe und mehr Vielfalt. Sie seien also eigentlich ein positiver Ausdruck für eine sich wandelnde Gesellschaft. Gleichzeitig fühlten sich aber diejenigen, die nicht von mehr Teilhabe profitieren, noch stärker abgehängt, und forderten ein Zurück zur alten Gesellschaft. Stiftungen und andere zivilgesellschaftliche Akteure sieht Aladin El-Mafaalani in der Position für diese weiterentwickelte Gesellschaft innovative, kreative und soziale Strukturen zu fördern – eine Aufgabe, die weder politische Parteien noch die Verwaltung übernehmen könnten. Die Zivilgesellschaft könne hier einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, eine neue, notwendige Streitkultur zu entwickeln und Vorreiter bei der Erprobung neuer Konzepte für mehr gelebte Teilhabe zu sein, so Aladin El-Mafaalani. 

Mitglieder der Allianz für gesellschaftlichen Zusammenhalt, die von der Bertelsmann Stiftung 2019 initiiert wurde, sind außerdem die Alfred Toepfer Stiftung, die Amadeu Antonio Stiftung, die Breuninger Stiftung, die Brost-Stiftung, die Deutsche Nationalstiftung, die Körber-Stiftung, die NORDMETALL-Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator, die Stiftung Bürger für Bürger, die Vodafone Stiftung und die ZEIT-Stiftung.